„Es wird uns immer brauchen“

Martin Weinberger über fordernde Zeiten, Sparmaßnahmen und die Zukunft mit KI.

Er ist Leiter Verwaltung, Marketing und PR im B7 und in diesen Wochen und Monaten so gefordert wie viele im Führungsteam des Sozialvereins, der sich nach 40 Jahren längst höchstgradig professionalisiert hat. Martin Weinberger sieht im Interview fordernde Zeiten auf die sozialen Vereine zukommen, gleichzeitig aber auch spannende Zeiten, wenn er nur an den Einsatz moderner Technologien im Beratungsalltag denkt.

– Wo steht das B7 mit seinem Angebot heute, 40 Jahre nach der Gründung?

Das B7 hat sich von einer Freiwilligenorganisation hin zu einem professionellen Verein entwickelt, der zur Zeit nur hauptberuflich Angestellte hat. Es gibt ganz andere Anforderungen vom Fördergeber. Ich glaube nicht, dass die Dienstleistungen, die wir heute anbieten, nur mit freiwilliger Arbeit möglich wären. Die Expertisen, die es dazu braucht, würden sich nicht mehr ausgehen. Es hat aber auch einen starken Wandel zur Quantifizierbarkeit unserer Arbeit gegeben. Wir müssen Daten liefern und werden auf Grundlage von Daten bewertet.

– Ihr habt mit Menschen zu tun, die Hilfe und Unterstützung brauchen. Das hat eine starke emotionale Komponente. Kann man das so einfach bewerten?

Ich glaube, dass man es nicht einfach bewerten kann. Ich verstehe aber die Fördergeber, die wissen wollen, wie effizient die Steuergelder eingesetzt werden. Auch wenn klar sein muss, dass man nicht unsere gesamte Arbeit bis ins letzte Detail mit Zahlen hinterlegen kann, ist es ein ehrlich gemeinter Versuch. Allerdings können wir nicht alles mit Zahlen sichtbar machen.  Ich habe aber momentan nicht das Gefühl, dass es in der Bewertung unserer Arbeit nur um Zahlen geht. Der kritische Punkt ist noch nicht erreicht, wo wir gar nicht mehr über die Inhalte unseres Angebotes reden. Das würde sicher sehr gefährlich werden. Auch wenn dieser Punkt noch nicht erreicht ist, fordert es uns und es passt nicht in das ureigenste Selbstverständnis eines Sozialvereins und vieler Beraterinnen. Das ist nicht die Denkweise, weil du willst immer dem Einzelnen helfen. Es ist ein Spagat. In meiner Position geht es auch um Qualitätsmanagement, wo ich mich viel mit dem Gütesiegel für soziale Unternehmen auseinandersetze. Ich habe da vielleicht noch eine andere Perspektive als eine Beraterin.

– Gespart wird überall, gerade auch im Sozialbereich. Wie schaut die mittelfristige Perspektive für die Sozialarbeit des B7 aus? Wird es härter werden?

Es wird uns immer brauchen. Die Gesellschaft werden wir nie erreichen, wo es keinen Bedarf an sozialen Vereinen wie wir es sind oder Sozialunternehmen mehr gibt. Wie viele finanzielle Mittel man für diese Arbeit zur Verfügung steht, ist eine politische Entscheidung. Die Option, dass es uns nicht mehr gibt, wird es unter keiner Regierung geben, davon bin ich überzeugt. Ob wir aber ausreichend mit Geld versorgt werden, ist eine politische Entscheidung. Da wird sehr viel von der Nationalratswahl Ende September abhängen.

– Im Moment schwebt über den sozialen Vereinen und Unternehmen das Damoklesschwert von Kürzungen. Woher rührt das?

Grundsätzlich gilt es als ungeschriebenes Gesetz, dass das Arbeitsmarktservice mit mehr Mittel ausgestattet wird, je höher die Arbeitslosigkeit ist. Das leuchtet ein. Es hat sich aber im Jahr 2024 umgekehrt. Heuer ist die Arbeitslosigkeit höher als 2023, die Mittel sind aber deutlich reduziert worden. Das spüren wir jetzt gerade, dass bei den Angeboten richtig gekürzt wird. Es gab keine Inflationsanpassung, was angesichts von neun Prozent Inflation im Vorjahr schlimm genug war. Doch jetzt kommt noch die Streichung von Stellen dazu. Das ist intern gerade ziemlich hart.

– Das hört sich nicht sehr erfreulich an.

Es wird gerade bei allen Sozialvereinen richtig ungemütlich, weil man Personal abbauen muss. Wir wissen alle nicht, ob es im Jahr 2025 wieder heißt, dass die Arbeitslosigkeit steigt und wieder aktivere Arbeitsmarktpolitik gemacht wird, was bedeutend würde, dass es vier Monate, nachdem Personal entlassen wurde, wieder mehr Arbeitsplätze geben würde. Das ist frustrierend und ineffizient.

– Wie kann man sich da als Verantwortlicher und Mitarbeiter noch motivieren?

Ich glaube, dass man diese Hiobsbotschaften mittlerweile anders aufnimmt und aus Selbstschutz sogar etwas zumacht. Das Personal malt sich gar nicht aus, was das alles heißt, weil es so belastend ist und weil wir immer wieder mit unterschiedlichen Ankündigungen im Kontext mit dem AMS konfrontiert sind. Das ist sehr fordernd für alle Beteiligten. Ich bin aber total motiviert und habe Spaß an der Arbeit. Ich beschäftige mich auch gerne mit neuen Sachen.

– Zu den neuen Sachen gehört auch die Künstliche Intelligenz, die KI. Ist ihr Einsatz im B7 auch schon ein Thema?

Es ist wahnsinnig spannend was sich da tut, weil es auch um die Frage geht, wie es die Beratungen verändern kann. Jede arbeitssuchende Person kann bei ChatGPT ein Motivationsschreiben für eine bestimmte Stelle anfordern. Wie sich das entwickelt, wird spannend zu beobachten sein. Es könnte durchaus so sein, dass die Menschen wie bei den Ärzten auch bei uns zu den Beratungen kommen und eh schon „wissen“, was sie brauchen, weil es ihnen die KI schon gesagt hat. Ich glaube schon, dass dieses Phänomen kommen wird. Natürlich wird es die Menschen, die Beraterinnen auch in Zukunft brauchen und es stimmt auch nicht alles, was die KI produziert. Aber mächtige Tools sind das schon. Ich denke schon, dass sich da im Alltag etwas ändern wird, vor allem bei den Jungen unter unseren Kunden.

– Darauf müsst ihr euch im B7 auch einstellen?

Natürlich. Da haben wir auch schon interne Fortbildungen gemacht. Jetzt entwickeln wir gerade eine Strategie, um zu schauen, was wir von den Möglichkeiten der Digitalisierung alles nutzen wollen und wie es den Berateralltag verändern kann.

– Wird KI bei euch schon eingesetzt?

Ja. Es ist alles noch freiwillig, aber es gibt Beraterinnen bei uns, die ChatGPT nutzen, um Anforderungsprofile für Stellen und potentielle Anwärter rascher zueinander bringen zu können. Das erspart Zeit, die im besten Fall für die persönliche Betreuung der Kunden genutzt werden kann. Das ist die Gefahr. Technologie ist schneller, ist Verdichtung. Du kannst die Verdichtung für Pausen in der Arbeit oder mehr Zeit im menschlichen Kontakt nutzen. Oder man nutzt Verdichtung, dass viel mehr Leute kommen können. Es geht daher um die Frage, was man nutzen kann. Man muss den Beraterinnen, die sehr gut im Gespräch sind und Garant für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Kunden sind, eine gewisse Anleitung an die Hand geben. Es geht aber auch um das bewusste Gestalten und was wir nicht wollen, was passiert. Wir versuchen als B7, so gut es geht im Einsatz mit der KI vorne dabei zu sein, ohne uns davon verrückt machen zu lassen.

„Ich schaffe die Arbeit im Moment nicht“

Frau T. hat im B7 wieder den Glauben an sich gefunden und baut auf eine Umschulung.

Gesundheitlich angeschlagen, ausgelaugt von der Belastung als pflegender Angehöriger und letztlich auch psychisch an die Grenzen des Machbaren gestoßen: Es sind die Geschichten, die das Leben schreibt und die Menschen wie Frau T. in Situationen bringt, die schwer zu meistern sind. Vor allem nicht alleine.

„Ich bin Sozialhilfeempfängerin, lebe vom Mindesteinkommen, war längere Zeit berufsunfähig.“ Es ist ein ernüchternder Befund, den die 37-Jährige gibt. Die gelernte Friseurin stand 18 Jahre lang 40 Stunden die Woche ihre Frau. Dass sie fünf Jahre lang ihre Oma zu Hause gepflegt hat, hat sie psychisch wie körperlich belastet. Ein Burnout und ein fünffacher Bandscheibenvorfall machen sie für das AMS nicht vermittelbar. „Ich würde die Arbeit im Moment auch nicht schaffen.“

Dass sie dennoch Hoffnung schöpft, liegt am B7 Case Management Sozialhilfe und an ihrer Beraterin, mit der sie ein fast schon freundschaftliches Verhältnis pflegt. „Sie hat mir den Rücken freigehalten, dass ich jetzt einmal alle meine notwendigen Arzttermine erledigen kann, um auch verschiedene Meinungen einholen zu können, wie man meine Bandscheibenvorfälle am besten behandelt.  Sie hat mir die Chance aufgezeigt, ein Projekt für mich zu nutzen, wo man seine Fähigkeiten und Stärken herausfinden kann, um anschließend eine Umschulung absolvieren zu können“, sagt Frau T.

Sie sei voll zufrieden und glücklich, dass sie beim B7 so viel Unterstützung gefunden habe. „Ich bin dankbar dafür, dass mir der Druck in einer Welt genommen wurde, bei dem es in erster Linie darum geht, funktionieren zu müssen.“  Jetzt sieht sie für sich nach schwierigen Jahren wieder Licht am Horizont. Einen beruflichen Traum hat sie auch schon. Ergo-Therapeutin würde sie sehr interessieren, aber sie wisse schon, dass diese Ausbildung keine zum Anlernen ist. Aber im Sozialbereich sieht Frau T. ihre Zukunft. Weil sie gut mit Menschen kann und ihre helfende Hand angenommen wird. Das hat sie privat schon bewiesen. Mit der Hilfe des B7 sollte ihr Leben bald wieder in einen halbwegs normalen Berufsalltag führen. Ohne dabei zu vergessen, dass ihre Belastung Grenzen haben kann. Doch die Erfahrung macht einen klüger, die Hilfe anderer reicher und sicherer, darauf rechtzeitig reagieren zu können.

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„Es wird uns immer brauchen“
Martin Weinberger über fordernde Zeiten, Sparmaßnahmen und die Zukunft mit KI.

erscheint am 25. September!

„Ein weiter Weg, den man schaffen kann“

Frau G. hat ihre Lehre dank B7 mit Verspätung abgeschlossen.

Das Leben ist kein Kindergeburtstag, wird so gerne dahingesagt. Will heißen: Nicht immer läuft es im Leben so, wie es laufen soll oder wie es andere gerne sehen würde, dass es läuft. Frau G. hat in ihrem noch jungen Leben erfahren müssen, dass es Momente gibt, in denen Wege scheinbar enden. Sie können aber auch später noch begangen werden. Das muss man allerdings wissen.

„Mein Wunsch war es immer, meine Lehre abschließen zu können, die ich durch die Geburt meines ersten Kindes unterbrechen musste“, sagt die heute 32-Jährige. Dieser Wunsch wurde ihr durch das B7 erfüllt. Das Angebot des Frauenberufszentrums war wie ein Geschenk des Himmels. „Ich habe gar nicht gewusst, dass dies möglich ist.“ Durch das Angebot AQUA (arbeitsplatznahe Qualifizierung) fand sie wieder den Weg ins Berufsleben zurück. Mit einigen Jahren Verspätung. Aber wie generell gilt auch hier das geflügelte Wort: Lieber spät als gar nicht.

Aus ihrer Stimme hört man fast so etwas wie Euphorie. Zweifellos hat die Mutter von zwei Kindern (sechs und 12 Jahre alt) durch die Unterstützung des B7 ihr Selbstwertgefühl zurückbekommen. Auch wenn sie als Person und als Persönlichkeit gestärkt wurde, hat sie auch das Wissen, dass es viele Frauen mit einer ähnlichen Lebensgeschichte gibt, zusätzlich auf andere Art reifen lassen. Nicht die Einzige zu sein, hilft einem zwar konkret nichts, stärkt einen aber doch. „Es ist ein weiter Weg“, sagt sie in aller Deutlichkeit. Niemand soll sich Illusionen hingeben. Aber: „Du schaffst es.“ Wo ein Wille (und natürlich ein Angebot), da ein Weg.

Zeigen zu können, dass man etwas kann, ist wichtig. Das schürt Lebensfreude, die ansteckend sein kann. Nicht nur für seine engste Umgebung, sondern auch für das Arbeitsumfeld. „Ich hätte so eine positive Aura, hat mir meine Chefin neulich gesagt“, erzählt Frau G. Die Freude darüber ist unüberhörbar. Dazu hätte es ihres nächsten Satzes gar nicht mehr bedurft: „Ich gehe so gerne in die Arbeit“, sagt sie. Aber das habe sie auch immer so gehalten. Aber jetzt ist es halt noch ein besseres Gefühl, weil das, was vorher noch nicht vollendet war (die Lehre), nun vollendet ist. Für ihre Chefin ist sie so gesehen auch ein doppelter Gewinn. Weil sie, wie sie sagt, immer 100 Prozent in der Arbeit gibt. Da versteht es sich von selbst, dass sie das B7 Frauenberufszentrum uneingeschränkt weiterempfehlen wird.

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„Ich schaffe die Arbeit im Moment nicht“
Frau T. hat im B7 wieder den Glauben an sich gefunden und baut auf eine Umschulung.

erscheint am 23. September!

„Nicht alleine mit seinen Sorgen“

Frau B. ist ein Fan des B7.

Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen, ist ein Unterfangen, bei dem man vor allem als Frau ordentlich ins Schwitzen und – schlimmer noch – unter Druck kommen kann. Das ist eine sehr starke und fordernde Aufgabe, die großteils an den Frauen hängenbleibt. Frau B. weiß das aus eigener Erfahrung. Die 38-jährige Mutter von zwei kleinen Kindern suchte Unterstützung, als sie sich überfordert fühlte, und fand sie in der Familienberatung des B7.

„Das ist eine coole Institution“, bringt sie ihre Erfahrungen auf den Punkt. Erfahrungen, die nicht aus einer punktuellen Begegnung, sondern aus langjährigem Erleben herrühren.  „Ansprechpartner zu haben, hilft dabei, sich nicht alleine mit seinen Sorgen zu fühlen“, sagt sie. Im B7 fand und findet sie die Zuhörer, die es braucht, um mit den Alltäglichkeiten des Lebens zurecht zu kommen. Wer Familie und Beruf miteinander in Einklang bringen will, steht vor einer starken Aufgabe, die fordernd ist. „Das Schönste daran ist, dass ich immer mit einer größeren Leichtigkeit aus der Beratung herausgehe, als ich hineingegangen bin.“ Sie streut dem Personal auf diese Weise Rosen. Sie ist konstant dabei, weil es ihr guttut.

Frau B. fühlt sich durch das B7-Angebot gestärkt und sie fühlt sich sogar in die Lage versetzt, andere Frauen in ähnlichen Situationen Unterstützung sein zu können. Indem sie darüber redet, was sie erfahren, was sie gelernt hat. „Durch die Beratung habe ich Werkzeuge in die Hand bekommen, wie ich die fordernden Situationen meistern kann.“ Dass sie diesbezüglich ein Vorbild ist, hat sie aus Gesprächen in ihrem persönlichen Umfeld schon wahrgenommen. Wer eigene Erfahrungen authentisch schildern kann, dessen Wort hat mehr Gewicht.

Die Vorbildfunktion hat die 38-Jährige aber noch aus einem anderen Grund. Sie zeigt, dass man sich nicht dafür im Stillen schämen muss, wenn man im Versuch, Beruf und Familie zu vereinbaren, an seine Grenzen kommt. Man kann und soll sich professionelle Hilfe holen. Das tut Frau B. jetzt auch schon vorbeugend, bevor es brenzlig wird, wie sie es formuliert. „Durch die Unterstützung spüre ich, dass ich nicht den Wellen des Lebens ausgeliefert bin.“

Zur Familienberatung des B7 ist sie auf Empfehlung gekommen. Die Empfehlung würde sie heute auch geben, sollte sie gefragt werden, wo es Unterstützung und Beratung bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie gibt. „Ich bin ein großer Fan des B7“, sagt sie.

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„Ein weiter Weg, den man schaffen kann“
Frau G. hat ihre Lehre dank B7 mit Verspätung abgeschlossen.

erscheint am 21. September!

„Wir waren irgendwie Trendsetter“

Anlässlich des 40-jährigen Bestehens unseres Vereins, beinhaltet unsere gedruckte Jubiläums-Siebeninfo (Ausgabe #134) eine Menge Interviews, welche einen Blick zu den Anfängen und die Zukunft von B7 werfen lassen und unsere Kundinnen:Kunden mit Erfahrungsberichten zu Wort kommen lassen. Hier finden Sie nun das Interview mit Anna Falkinger in voller Länge:

Anna Falkinger war dabei, als in der Bischofstraße 7 die Geschichte des B7 1984 begann.

Zusammen mit Heinz Mayrhofer war Anna Falkinger die Erste, also Geburtshelfer für das B7 in der Bischofstraße 7. Ein Privileg, das den beiden keiner mehr nehmen kann. Im Rückblick auf die Anfänge hat Falkinger keineswegs die rosarote Brille auf. „Unwissend haben wir damals das Richtige gemacht“, sagt sie im Gespräch.

– Mit 15. Mai 1984 wurde das B7 gegründet, hat das Zweierteam Mayrhofer Falkinger junge Arbeitslose mitten in Linz betreut. Wie war das damals?

Der Bedarf von der Basis hat damals gesagt, was los ist. Die Basis waren die jungen Menschen, die in das B7 gekommen sind. Eine Gruppe arbeitsloser Lehrlinge hatten wir vom studentischen Zentrum, das es vorher in der Bischofstraße gab, geerbt. Das Ohrenaufmachen, das Hinhören, was die Jungen brauchen, hat genau das gezeigt, was es braucht. So hat sich grundsätzlich von damals bis heute nichts geändert. Die Beratung, natürlich auch Schulung, die damals nur rudimentär vorhanden war, das Thema Kinderbetreuung – all das war schon da. Es ging darum, etwas zu tun.

– Daraus ist schnell das entstanden, was bis heute untrennbar mit dem B7 in Verbindung gebracht wird: die Fahrradwerkstatt.

Genau, das war eine Hobby-Werkstatt. Es waren radaffine Menschen in der Werkstatt. Das war lustig. Der große Radboom war noch nicht da, aber man könnte sagen, es war der Beginn. Wir waren Trendsetter. Ich weiß noch, dass wir damals sogar unsere Hochzeitsreise mit dem Fahrrad gemacht haben. Aber natürlich waren die Bedürfnisse der jungen Menschen in diese Richtung vorhanden und sie haben die Gesellschaft gesucht. Mehr denn je. Handys und Computerspiele hat es noch nicht wirklich gegeben, so gesehen stand das Gemeinschaftliche ganz hoch im Kurs. Zusätzlich sind dann auch Junglehrer ins B7 gekommen, damals gab es eine Lehrer-Arbeitslosigkeit, was man heute gar nicht glauben mag. Sie haben dann Lernnachmittage mit Kindern gemacht, inklusive Sprachförderung. Die Rahmenbedingungen waren schlecht, es gab keine Erfahrung mit der Abwicklung von Fördergeldern. Das hat uns dann letztlich auch überfordert. Zu zweit ist das nicht gegangen. Es waren intensive zwei Jahre und andere haben dann im B7 weiter getan. Es wurde erkannt, dass der Bedarf für diese Einrichtung vorhanden ist.

– Damit wieder aufzuhören, stand nicht zur Debatte?

Nein, das war nicht so. Immer wieder blieb das B7 bestehen, trotz vieler Übersiedlungen und Drohungen, dass es geschlossen wird. Diese Einrichtung wird es, glaube ich auch, dauerhaft geben, weil die Gesellschaft sehr träge ist und sich nicht groß verändert.

– Schwingt Stolz mit, wenn man sieht, was aus den bescheidenen Anfängen des B7 über vier Jahrzehnte geworden ist?

Stolz, Nein. Es hat jeder viel arbeiten müssen und jeder musste sich immer beweisen. Was mich im Rückblick aber beeindruckt, ist, dass wir damals wirklich einen Freibrief der Kirche hatten. Wir haben so viel Vertrauen erhalten, es einfach auszuprobieren und sind dafür bezahlt worden. Dass die Kirche sagt, die Räume sind da, probiert etwas aus, es wäre schade darum, und ein halbes Jahr zuzuschauen, was daraus wird, das war schon einzigartig. Denn normalerweise wären heutzutage andere Kennzahlen gefordert. Von dem her war es eine gute Zeit.

– Wie bewertest du die Situation heute?

Es ist schwierig, wenn immer gespart werden muss. Ein Widerspruch ergibt sich automatisch durch die Politik. Warum wird gleich wieder bei Frauen-Projekten gespart? Warum wird die Kinderbetreuung immer noch den Gemeinden überlassen? Die Eltern stehen da und können gar nichts machen.

– Da hört man immer noch die Kämpferin in dir heraus?

Ich bin in einer Großfamilie mit acht Geschwistern aufgewachsen, da hat man immer kämpfen müssen, dass man in der großen Schüssel am Tisch etwas zu essen erwischt. Ohne das zu dramatisieren, war es auch schön. Aber ich musste lernen, das zu sagen, was ich will. Aber es heißt noch nicht, dass man eine Chance damit hat.

– Was wünscht du dem B7 für die Zukunft?

Dass sie nicht für politische Agenden benützt werden, denn dabei kommt nie etwas Gutes heraus. Ich wünsche mir für soziale Einrichtungen wie dem B7, dass der Wert ihrer Tätigkeit für die Gesellschaft erkannt wird und nicht quergeschossen wird, indem man gewisse Bereiche aus Kostengründen schließt. Bereiche, die gut gehen, wo sehr viel gemacht wird. Das finde ich sozial unfair. Die Politik soll sie einfach arbeiten lassen. Da vertut man auch unnötig viel Zeit, die man besser bei der Zielgruppe einsetzt.

 

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„Nicht alleine mit seinen Sorgen“ – Frau B. ist ein Fan des B7.

erscheint am 19. September!

Ulrike Würzburger im Interview

Reinhold Gruber schrieb am 30. Dezember 2023 in den OÖ Nachrichten über das Interview mit Ulrike Würzburger:

Sie ist seit den 1990er Jahren im arbeitsmarktpolitischen Bereich tätig, leitet seit Juli dieses Jahres als alleinige Geschäftsführerin den Verein B7 Arbeit und Leben mit Sitz in der Linzer Tabakfabrik und Beratungsstellen in ganz Oberösterreich. Ulrike Würzburger ist gerne für Menschen in schwierigen Lebenssituationen da. „Da habe ich das Gefühl, gut darin zu sein und ein Stück weit mit Menschen gehen zu können“, sagt die in Steyregg lebende Würzburger im OÖN-Interview, bei dem es viel um Menschen und das Menschsein geht.

Weiters im Artikel, Eindrucksvolles aus dem Rückblick 2023, warum das Fahrradzentrum so bekannt ist und über die Auswirkung von Arbeitslosigkeit.   Ulrike möchte auch durch B7 für Menschen in schwierigen Lebenssituationen da sein, und sieht es als besondere Aufgabe, Arbeitslose „wieder groß zu machen“. Lesen Sie das gesamte Interview: https://www.nachrichten.at/oberoesterreich/linz/jede-kuendigung-ist-eine-absage-an-den-menschen;art66,3908935

In diesem PDF sehen Sie den gesamten Artikel: Artikel OÖN 30.12.2023